Beschaffung
Definition
«Beschaffung» umfasst Vorgänge, bei denen Güter und/oder Dienstleistungen von externen Parteien eingekauft oder bezogen werden. Dazu gehören alle Prozesse von der Einkaufsplanung über den Einkaufsvorgang bis hin zur Vertragsverwaltung. Da sich die Beschaffung hauptsächlich an Lieferanten ausserhalb der Stammorganisation richtet, werden Ressourcen (Personal, Werkzeuge, Materialien und Teillieferungen) beschafft, die innerhalb der Organisation nicht verfügbar sind. Beschaffung umfasst zudem das Auswählen bzw. Einschlagen der optimalen Beschaffungswege in Übereinstimmung mit der langfristigen Zielsetzung der Organisation (z.B. Partnerschaft, Joint Ventures usw.). Diese Wege bieten den Vorteil der geteilten Finanzierung, gemeinsamen Expertise usw., bergen jedoch auch die Risiken, auf dem Markt zu scheitern.
Zweck
Die Kompetenz «Beschaffung» versetzt den Einzelnen in die Lage, von den ausgewählten Lieferanten oder Partnern einen möglichst hohen Nutzen zu erhalten und somit einen möglichst hohen Mehrwert für den Käufer und die Organisation zu erbringen.
Beschreibung
Durch den Beschaffungsprozess haben Organisationen die Möglichkeit, die erforderlichen Ressourcen, welche sie nicht besitzen oder selbst produzieren können oder wollen, zu erwerben. Die Beschaffungsrichtlinien der Organisation werden häufig von übergeordneten Strukturen veranlasst. Wenn die Aspekte der Beschaffung einen massgebenden Anteil eines Projekts einnehmen, oder wenn es mehrere Beschaffungskomponenten gibt, sollte der Beschaffungsvorgang in einem Beschaffungsplan dokumentiert werden, der mindestens Folgendes beinhaltet:
- Zu verwendende Vertragstypen
- Rollen und Verantwortlichkeiten
- Lieferantenauswahlverfahren
- Vorschriften zur Vergabe von Unteraufträgen
Das Beschaffungsmanagement wird entweder von dem, für das Projekt verantwortlichen Einzelnen ausgeführt, an Experten oder Abteilungen (z.B. an die Rechts- oder Finanzabteilung) übertragen, vom Zuständigen der Programmebene für organisationsweite Beschaffung und strategische Partnerschaften geleitet oder sogar von der Portfolioebene beeinflusst. Strategische Überlegungen, wie Nachhaltigkeit, Lebenszykluskosten und der
reduzierte Mehraufwand durch die Entwicklung positiver Beziehungen zu Lieferanten, Partnern oder Käufern und die damit verbundenen Risiken müssen ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Für jede zu beschaffende Ressource umfasst der grundlegende Prozess die Ermittlung der Bedürfnisse, die Festlegung potenzieller Lieferanten oder Partner, die Einholung technischer und finanzieller Angebote, die Auswahl eines bevorzugten Lieferanten oder Partners und die Verhandlung einer Vereinbarung mit dem bevorzugten Lieferanten, den Einkauf sowie die Vertragsverwaltung. Der Arbeitsaufwand sollte dabei der Grösse und Komplexität der beschafften Komponente entsprechen.
Auch ein Austausch von Gütern oder Dienstleistungen zwischen Einheiten derselben Rechtsperson kann in einigen Fällen als Beschaffung angesehen werden. In diesen Fällen sollte die Beschaffung so behandelt werden, als würde sie zwischen unabhängigen Parteien stattfinden und daher demselben Mass an Kontrolle unterzogen werden.
Kompetenzindikatoren
Beschaffungsbedarf, Optionen und Prozesse vereinbaren
Die Ermittlung von Bedürfnissen und Optionen ist ein Prozess zur Bestimmung, welche Ressourcen oder Dienstleistungen beschafft werden müssen, oder für welche Aspekte des Projekts Partner hinzugezogen werden müssen. Dies kann auf der Knappheit oder dem Mangel interner Verfügbarkeiten oder auf der bewussten Entscheidung beruhen, Ressourcen extern zu beschaffen (Make-or-Buy-Strategie).
In diesem Rahmen müssen die Beschaffungsoptionen und -wege, die Akquisitionsanforderungen, die Ausschreibungsunterlagen und die Auswahlkriterien vereinbart werden. Der Einzelne sollte für die Verwaltung dieses Prozesses zuständig sein und arbeitet dazu in vielen Fällen eng mit spezialisierten Abteilungen oder dem Management zusammen bzw. überträgt ihnen bestimmte Aufgaben. Dabei ist sicherzustellen, dass die relevanten Informationen verfügbar gemacht werden, und dass die entsprechenden internen und externen Stakeholder in Kenntnis gesetzt werden.
Messgrössen
- Begründet auf der Grundlage des Bedarfs die Beschaffung
- Konzipiert, produziert oder erfasst die benötigten Informationen als Input für die Experten im Bereich Beschaffung
- Erstellt auf der Grundlage des Bedarfs Ausschreibungsunterlagen und Auswahlkriterien
- Unterstützt Beschaffungsvorbereitungsprozesse und -abläufe
Zu Evaluation und Auswahl von Lieferanten und Partnern beitragen
Der Einzelne stellt sicher, dass die potenzielle Partnerorganisation und/oder andere Experten, Lieferanten oder Partner ermittelt, bewertet und ausgewählt werden. In diesem Auswahlverfahren kommen die festgelegten Ausschreibungsunterlagen und Auswahlkriterien zum Einsatz (oder sie werden neu formuliert, falls kein Lieferant in der Lage ist, gemäss den Rahmenbestimmungen zu liefern). Diese Ausschreibungs- und Auswahlkriterien sowie das Beschaffungsverfahren können formellen Richtlinien unterworfen sein (z.B. in Ländern mit römisch-germanisch geprägten Rechtssystemen). Das Auswahlverfahren selbst umfasst oftmals verschiedene Schritte, wie Informationsanfragen (Requests For Information, RFI) und Angebotsanfragen (Requests For Proposal, RFP) oder Preisanfragen (Requests For Quotation, RFQ). Wenn die Beschaffung in einem Partnerschaftsmodell mündet und das Ausschreibungsverfahren nicht zum Einsatz kommt, sollte der Einzelne bei der Auswahl von Partnern ein strenges Qualitätssicherungsverfahren anwenden.
Messgrössen
- Initiiert eine Angebotsanforderung (Ausschreibung), falls erforderlich in Zusammenarbeit mit der Beschaffungsabteilung
- Stellt die einzelnen Schritte des Lieferantenauswahlprozesses dar
- Definiert und erläutert die Inhalte von Ausschreibungsunterlagen
- Definiert und wendet die Auswahlkriterien an
- Bringt die formellen Beschaffungsrichtlinien (internationale, nationale und branchenspezifische Bestimmungen) miteinander in Einklang
- Beurteilt die Besonderheiten der Beschaffung und empfiehlt Partnerschaftsmodelle
Zu Verhandlungen und Vereinbarungen von Vertragsbestimmungen beitragen, um diese in Einklang mit den Projektzielen zu bringen
Nach der Auswahl des Lieferanten oder Partners kann ein Verhandlungsverfahren eingeleitet werden, um die Vertragsbestimmungen zu vereinbaren. Der Einzelne überwacht diesen Prozess und stellt sicher, dass die Verhandelnden über ein klares Mandat verfügen und eng mit Einkaufsfachleuten und/oder Rechtsexperten zusammenarbeiten.
Die Verträge können in ihrer Form, ihren Ausführungen, der Vertragsdauer, ihren Bestimmungen und Sanktionen, dem geltendem Recht und in vielen anderen Aspekten voneinander abweichen. Der Einzelne muss darauf achten, dass sich diese Aspekte streng an den Zielen des Projekts und der Organisation orientieren. Wenn die Vertragsverhandlungen komplex sind und einen längeren Zeitraum einnehmen, wird in einigen Fällen eine vorvertragliche Vereinbarung geschlossen, um die vorbereitenden Massnahmen oder Lieferungen einleiten zu können.
Messgrössen
- Definiert ein Verhandlungsmandat und legt die zu verhandelnden Ziele fest
- Unterscheidet zwischen verschiedenen Vertragsformen und ihren Auswirkungen auf das Projekt
- Kennt die Vertragsbestimmungen und reflektiert ihre Auswirkungen auf das Projekt
- Handelt einen Vertrag durch die Festlegung von Preis, Verfügbarkeit, Kundenanpassungsmöglichkeiten und Beschaffungsterminen aus
Vertragsausführung überwachen, Probleme ansprechen und falls notwendig Entschädigungen verlangen
Die Vertragserfüllung umfasst die kontinuierliche Überwachung des Lieferanten oder Partners, nachdem der Vertrag geschlossen wurde, um sicherzustellen, dass der Vertrag ordnungsgemäss und fristgerecht ausgeführt wird. Im Falle von Abweichungen zum Vertragsgegenstand muss der Einzelne entsprechende Massnahmen einleiten oder, falls erforderlich, innerhalb der eigenen Organisation eskalieren. Wenn eine oder mehrere ver-
tragliche Bestimmungen (z.B. Lieferfrist, Qualität usw.) nicht eingehalten werden, muss der Einzelne Massnahmen ergreifen, um auf dieses Problem hinzuweisen und gegebenenfalls eine Lösung zu finden. Dies kann verschiedene Techniken umfassen, von informellen Hinweisen bis hin zu Neuverhandlungen, und der Einzelne muss wissen, wann jede dieser Techniken einzusetzen ist. Wenn der Vertragspartner trotz Anwendung dieser Techniken in Verzug verbleibt, sollte der Einzelne eine Entscheidung darüber fällen oder einholen, ob eine Vertragsstrafe geltend gemacht oder anderweitig eine Entschädigung vom Vertragspartner verlangt werden sollte. Diese Situation kann rechtliche Massnahmen und die Einbindung von Rechtsexperten erfordern, wobei grundsätzlich Absprache mit dem Management zu halten ist, um die strategischen langfristigen Beschaffungsrichtlinien einzuhalten.
Messgrössen
- Führt Massnahmen zur Steuerung der Vertragserfüllung ein
- Identifiziert Abweichungen vom Vertrag
- Begegnet Vertragsverletzungen mit der Einleitung korrektiver Massnahmen
- Zieht bei schwierigen Nachverhandlungen rechtliche, logistische und/oder Beschaffungsabteilungen der Organisation hinzu
- Geht mit vertragsbezogenen Streitigkeiten und Nachforderungen des Lieferanten um
- Schliesst und beendet die vereinbarte Geschäftsbeziehung, wenn entweder das Projekt gefährdet ist oder alle vertraglichen Verpflichtungen erfüllt wurden