Konflikte und Krisen
Definition
«Konflikte und Krisen» umfasst das Erkennen, Moderieren und Lösen von Konflikten und Krisen durch eine hohe Aufmerksamkeit für das Umfeld und die Fähigkeit, Meinungsverschiedenheiten zu erkennen und Möglichkeiten für deren Auflösung anzubieten. Konflikte und Krisen können Ereignisse und Situationen, Charakterkonflikte, Stresslevels und andere potenzielle Gefahren einschliessen. Der Einzelne muss mit diesen Szenarien angemessen umgehen und einen Lernprozess für zukünftige Konflikte und Krisen anregen.
Zweck
Die Kompetenz «Konflikte und Krisen» versetzt den Einzelnen in die Lage, effektive Massnahmen zu ergreifen, wenn eine Krise oder ein Konflikt aufgrund gegensätzlicher Interessen/inkompatibler Persönlichkeiten auftritt.
Beschreibung
Bei einem Konflikt sind Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Personen, Teams, Gruppen oder Organisationen unvereinbar, oder erscheinen unvereinbar. Dabei lässt sich zwischen der Konfliktstruktur, den Konflikt begleitenden Gefühlen (z.B. Wut) und dem konkreten Konfliktverhalten (z.B. Aggression) unterscheiden.
Konflikte können zwischen zwei oder mehr Personen und/oder Parteien entstehen. Sehr häufig untergräbt ein Konflikt ein gutes Arbeitsumfeld und kann negative Auswirkungen auf die beteiligten Parteien haben.
Die Krise bezeichnet eine problematische, mit einem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation. Ein ungelöster Konflikt kann sich zu einer Krise auswachsen. Eine Krise kann aber auch das Ergebnis einer plötzlichen, abrupten oder einschneidenden Veränderung einer Situation sein, die die Realisierung der Ziele zu vereiteln droht, entweder in direkter oder indirekter Weise. In solchen Momenten ist eine schnelle Reaktion notwendig und es ist eine erfahrene Einschätzung nötig, um die Krise zu bewerten, Szenarios für die Lösung der Krise zu definieren, die Situation zu retten und zu entscheiden, ob das Problem eskaliert werden soll und bis auf welche Ebene in der Organisation es weitergetragen werden soll.
Die Fähigkeit, potenzielle Konflikte und Krisen zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren erfordert ein Verständnis für die grundlegenden Mechanismen. Der Einzelne kann unterschiedliche Mittel einsetzen, um auf potenzielle und tatsächliche Krisen richtig zu reagieren, zum Beispiel Zusammenarbeit, Kompromisse, Vorbeugung, Überzeugung, Eskalation oder den Einsatz von Macht. Diese Mittel dienen dazu, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen herzustellen. Die Transparenz und Integrität des Vermittlers zwischen den Konfliktparteien hilft bei der Suche nach akzeptablen Lösungen. Manchmal können Konflikte jedoch nicht innerhalb des Teams gelöst werden, sondern es muss eine unabhängige Partei hinzugezogen werden, die vermittelt oder eine Entscheidung trifft.
Kompetenzindikatoren
Konflikte und Krisen antizipieren und wenn möglich verhindern
Ein Bewusstsein für potenzielle Konflikte und Krisen zu haben bedeutet, aufmerksam und achtsam für Situationen zu sein, die zu Meinungsverschiedenheiten führen können. Mögliche Konflikte werden im Idealfall identifiziert und verhindert bzw. in einer frühen Phase bewältigt, bevor sie sich ausdehnen. Ein Bestandteil der Prävention ist es, Konfliktthemen vorzugreifen, Teammitglieder mit gegensätzlichen Charakteren oder Interessen in getrennten Teams zu belassen und/oder konfliktgefährdete Punkte an bestimmte Personen zu delegieren. Stress ist ein häufiger Faktor für potenzielle Konflikte und Krisen, da die Menschen leichter reizbar sind, wenn sie unter Druck stehen. Der Einzelne sollte daher in der Lage sein, den individuellen Stresslevel von Personen zu erkennen, zu bewerten und zu senken.
Messgrössen
- Analysiert potenziell stressige Situationen
- Lässt konfliktäre Charaktere und Interessen in verschiedenen Aufgabenbereichen und/oder Teams arbeiten
- Delegiert konfliktanfällige Themen an die dafür geeigneten Personen
- Führt vorbeugende Massnahmen ein
- Führt stressreduzierende Massnahmen durch
- Reflektiert stressige Situationen im Team
Ursachen und Auswirkungen von Konflikten und Krisen analysieren und angemessene Reaktionen auswählen
Konflikte durchlaufen mehrere Phasen. Diese Phasen können in drei grosse Kategorien eingeteilt werden:
- Latent (potenziell, schlummernd, aber noch nicht sichtbar oder erkannt). Solche Konflikte treten auf, wenn Einzelpersonen oder Gruppen Differenzen haben, die den einen oder anderen belasten, die Differenzen jedoch nicht gross genug sind, um eine Seite zum Handeln zu bewegen, um die Situation zu verändern.
- Entstehend (sichtbar aber noch immer rational). Solche Konflikte entstehen, wenn ein auslösendes Ereignis» eintritt, zum Beispiel eine offene Meinungsverschiedenheit zu einem Thema. Dieses Thema ist entweder der wahre Grund für den Konflikt oder ein Vorwand für einen anderen Interessens- oder Charakterkonflikt. Wenn der Konflikt entsteht, sprechen die Beteiligten noch miteinander und können vernünftige Lösungen diskutieren.
- Eskaliert (offener Konflikt). In dieser Konfliktphase streiten die Parteien offen und emotional miteinander und sind nicht mehr in der Lage oder gewillt, weitere Lösungen ruhig und vernünftig zu besprechen. Andere Menschen tendieren dazu, Partei zu ergreifen oder sie werden gar dazu gedrängt. In manchen Situationen können rechtliche Schritte ergriffen oder in Betracht gezogen werden.
Krisen erreichen hingegen sofort die dritte Stufe, ohne dass die vorgängige Störung erkannt oder angegangen wurde. Sie sind jedoch häufig nicht das Ergebnis von Konfliktsituationen, sondern entstehen durch ein plötzlich auftretendes oder entdecktes Problem – das Auftreten eines erheblichen Risikos, ein externes Ereignis mit grossen Auswirkungen usw.
Die Kunst des Konflikt- und Krisenmanagements liegt darin, die Ursachen und Konsequenzen zu bewerten und zusätzliche Informationen für den Entscheidungsprozess zu erhalten, um mögliche Lösungen zu definieren. Konflikte und Krisen können verschiedenste Gründe haben, von sachlichen Meinungsverschiedenheiten bis hin zu Konflikten aufgrund des Charakters. Ausserdem können ihre Ursachen ausserhalb des Projekts oder sogar ausserhalb der Organisation liegen. Abhängig von den Gründen können unterschiedliche Lösungen möglich sein. Krisen können auch anhand ihrer potenziellen Auswirkungen unterschieden werden. Abhängig von der jeweiligen Stufe können verschiedene Ansätze gewählt werden, um den Konflikt oder die Krise abzuschwächen, zu lösen oder zu eskalieren.
Messgrössen
- Ordnet die jeweilige Situation einer Konfliktphase zu
- Analysiert die Ursachen für einen Konflikt oder eine Krise
- Analysiert potenzielle Auswirkungen eines Konflikts oder einer Krise
- Wählt aus verschiedenen Ansätzen für die Bewältigung von Konflikten oder Krisen aus
Konflikte und Krisen und/oder deren Auswirkungen lösen bzw. in ihnen vermitteln
Häufig muss das Konflikt- und Krisenmanagement vor dem Hintergrund erfolgen, dass Personen und/oder Gruppen verärgert oder in Panik sind. Der Einzelne muss die Informationen in kürzester Zeit zusammentragen, die Optionen abwägen, auf eine positive und wenn möglich synergetische Lösung abzielen und vor allem ruhig bleiben und die Kontrolle behalten. Unter diesen Umständen sind Gelassenheit und ein gutes Urteilsvermögen wichtige Fähigkeiten. In Krisensituationen ist die Fähigkeit entschlossen zu handeln besonders wichtig. Zu den potenziellen Mitteln für die Lösung von Konflikten zählen Zusammenarbeit, Kompromisse, Vorbeugung und der Einsatz von Macht. Jedes Mittel hängt davon ab, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der einen und der anderen Partei zu erreichen. Gemeinschaftliches Konfliktmanagement erfordert die Bereitschaft aller Parteien, Kompromisse zu schliessen. In frühen Konfliktphasen kann der Einzelne als Moderator auftreten – zumindest, wenn er nicht direkt betroffen ist. Der Einzelne bringt die Konfliktparteien zusammen und ermöglicht die Kommunikation, ohne zu stark zu urteilen. In späteren Phasen können der Einsatz von Macht, die Eskalation an das höhere Management, professionelle Mediation und/oder rechtliche Schritte mögliche Optionen darstellen.
Messgrössen
- Spricht Themen offen an
- Schafft eine Atmosphäre für konstruktive Auseinandersetzungen
- Wählt aus und wendet die richtige Methode zur Bewältigung des Konflikts oder der Krise an
- Ergreift wenn angemessen Disziplinarmassnahmen oder rechtliche Schritte
Lernergebnisse aus Konflikten und Krisen identifizieren und weitergeben, um die zukünftige Arbeit zu verbessern
Wenn ein Konflikt gelöst wurde ist es wichtig, im Umfeld wieder ein Gefühl der Harmonie und des Gleichgewichts herzustellen. Das Lernen aus Konflikten und Krisen anzuregen bedeutet, dass der Einzelne die Ursprünge und Gründe eines Konflikts auf der Metaebene hinterfragen kann. Des Weiteren kann der Einzelne zwischen Zufällen im Umfeld und wahren Gründen eines Konflikts oder einer Krise unterscheiden, aus ihnen lernen und das Team dazu auffordern, das Gleiche zu tun, um in Zukunft besser mit ähnlichen Situationen umgehen zu können.
Messgrössen
- Stellt das Teamumfeld wieder her
- Motiviert das Team, den eigenen Anteil im Konflikt zu erkennen und daraus zu lernen
- Motiviert das Team, die eigene Rolle im Konflikt zu erkennen und daraus zu lernen
- Nutzt Konflikte in einer positiven Art um sich weiterzuentwickeln
- Stärkt den Zusammenhalt im Team und die Stabilität gegenüber potenziellen zukünftigen Konflikten und Krisen